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Rückblick auf die IRI§ 2024-Konferenz

„Lichtermeer statt Leuchtfeuer“ – Möglichkeiten der Wirkungsorientierung digitaler Maßnahmen und Projekte

Digitale Projekte sind häufig durch einen hohen Komplexitätsgrad gekennzeichnet: zahlreiche Teilprojekte mit einer großen Bandbreite über verschiedene Handlungsfelder hinweg (cross-sectoral) bei Einsatz begrenzter Ressourcen (personell, finanziell) und einer gewünschten hohen Transparenz (Berichtspflicht gegenüber den Stakeholdern Verwaltung, Politik, Bürgerschaft, Gesellschaft). Daraus resultieren entsprechende Anforderungen an die Projektdokumentation und die Erfolgsparameter. Wie kann die wachsende Digitalisierung strategisch „messbar“ gemacht werden, wie können Wirkeffekte dargestellt, wie Projekte wirkungsorientiert gesteuert werden? Im Ergebnis reichen einfache Indikatoren zur Wirkungsmessung nicht aus. Eine simple Adaption bislang verfügbarer internationaler Indikatoren ist eher quantitativ als qualitativ ausgerichtet und oftmals kollidierend mit den europäischen Rahmenbedingungen (Datenschutz, Verständnis der aktiven Bürgerpartizipation „auf Augenhöhe“, städtebaulichen Gegebenheiten historischer europäischer Kommunen, Denkmalschutz, …). Hier bedarf es vielmehr der zielgerichteten Messung statt einer Fokussierung auf Daten, die einfach zu erschließen sind!

Derzeit gibt es sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis Aktivitäten, im Bereich kommunaler Smart City Initiativen unterschiedliche Methoden der Wirkungserfassung und -messung zu testen. Ziel der Aktivitäten ist es, ein anerkanntes qualitatives und quantitatives Portfolio der Indikatoren und Methoden zu entwickeln, das die relevanten Handlungsfelder der intelligent vernetzten Stadt berücksichtigt und im Ergebnis langfristig zur Standardisierung beiträgt. Nationale und europäische Standardisierungsgremien und Initiativen unterstützen diesen Ansatz.

Auf der IRI§ 2024 stellten Benedikt Göllner von der Agora Digitale Transformation gGmbH, David Gelantia aus der Stadt Freiburg und Prof. Tim Pidun von der HTW Dresden einige Projekte und Ansätze vor, die sich sektorenübergreifend dem Thema „Wirkungsorientierung“ und „Priorisierung“ digitaler Projekte und Maßnahmen sowohl aus der wissenschaftlichen Perspektive als auch aus der (Verwaltungs-)Praxis widmen.

Treppenhaus der Universität Salzburg
Die IRI§-Konferenz findet seit vielen Jahren in der Universität Salzburg statt.

Forschungsprojekt E-ValuateWir wollen wirksam sein, aber…

Benedikt Göller betreut bei der Agora Digitale Transformation das Thema Wirkung in der Digitalpolitik. Er beschäftigt sich aus verschiedensten Perspektiven mit der Digitalen Transformation des öffentlichen Sektors – beispielsweise hat er die Digitalisierungsstrategie des Auswärtigen Amts mitkonzipiert und zahlreiche Behörden in ihren Transformationsprozessen begleitet.

Benedikt Göller erläuterte in seinem Vortrag zunächst die Zielsetzung des Forschungsprojekts E-Valuate. Diese soll im Zeitraum 2023-2025 gemeinsam mit Menschen in der Ministerialverwaltung auf Bundesebene in Deutschland Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen für Wirkungsorientierung erarbeiten. Konkret vorgesehen ist es, die gesellschaftliche Wirkung von Verwaltungshandeln in Deutschland klar zu definieren und analysierbar zu machen.

Dabei gehen die beteiligten hypothesenbasiert und iterativ vor. Die bisherigen ersten Erkenntnisse zeigen:

  • In der Ministerialverwaltung auf Bundesebene kommen Arbeitsmethoden für Wirkungsorientierung bisher kaum zum Einsatz.
  • Komplexe Stakeholder-Konstellationen erschweren Wirkungsorientierung.
  • Wirkungsorientierung ist nicht institutionell verankert. Es gibt wenig Anreize für wirkungsorientiertes Arbeiten.
  • Oftmals fehlt das Wissen, wie Wirkungsorientierung anzuwenden ist.
  • Es fehlt die Zeit für Wirkungsorientierung bei der Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen.
  • Der Bezug zwischen Maßnahmen und strategischen Zielen ist nicht ausreichend hergestellt. Das erschwert Wirkungsorientierung.

Im Panel stellte er die Frage, wie wirkungsorientiertes Arbeiten in bürokratischen Organisationen verankert werden kann und welche Erfahrungen es hierzu in anderen Kontexten und Ländern gibt.

Anwendung der OKR-Methode zur Wirkungsmessung der Prozesse von Smart City-Initiativen

David Gelantia ist wissenschaftlicher Koordinator & Beauftragter der Begleitforschung im Freiburger Smart-City-Projekt (Daten: Raum:Freiburg). Seine Begleitforschung konzentriert sich auf Smart Sustainable Cities mit besonderem Fokus auf die Wirkungsmessung des Freiburger Smart-City-Projekts sowie die Integration von Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsstrategien mittels multidimensionaler Kriterienverfahren.

David Gelantia gab in seinem Impuls einen Einblick in ein Forschungsvorhaben, das die Anwendung der Objectives and Key Results (OKR)-Methode zur Wirkungsmessung der Prozesse von Smart City-Initiativen in den Städten Freiburg und Köln untersucht.

Dabei werden bei der OKR-Methode Key Performance Indicators (KPIs) als Leistungsindikatoren mitaufgenommen, die den Erfolg einer Zielvorgabe messen. Es werden spezifische OKRs und KPIs identifiziert, um Fortschritte und Erfolge in den verschiedenen Smart City-Teilprojekten zu messen, wie beispielsweise Ressourcenauslastung, Mitarbeiterzufriedenheit und Kooperationsgrad.

Um diese KPIs effektiv zu nutzen, wird die Analytische Hierarchieprozess (AHP)-Methode angewendet, um eine Gewichtung und ein Ranking der identifizierten KPIs vorzunehmen.

Dies ermöglicht eine gezieltere Bewertung und Priorisierung von KPIs, um die Effektivität von Smart City-Prozessen zu maximieren. Die Ergebnisse dieser Forschung bieten wertvolle Einblicke in die Erfolge, Herausforderungen und Best Practices von Smart City-Projekten in Freiburg und Köln.

Letztlich gilt es dabei eine Orientierungshilfe für andere Smart City-Initiativen zu bieten, damit eine effizientere und nachhaltigere Entwicklung von Städten in Deutschland gefördert wird.

Review and Application of a Scoring Model for Public Administration Process Prioritization

Prof. Dr. rer. pol. Tim Pidun ist Professor für Verwaltungsinformatik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden und Studiendekan Verwaltungsinformatik. In seiner Forschung beschäftigt sich Professor Pidun damit, wie Organisationen unter spezifischen Rahmenbedingungen effektiver arbeiten können und wie aussagekräftige Managementsysteme zur Beurteilung der organisationalen Leistung gestaltet sein sollten. Seine zentrale Frage lautet: Was bringt die Digitalisierung der Verwaltung den Menschen?

Tim Pidun stellte in seinem Vortrag ein Scoring-Modell vor zur Priorisierung von Prozessen in der öffentlichen Verwaltung vor. Dabei wird das Erfolgsmodell der Wirtschaftsinformatik auf den Bereich der öffentlichen Verwaltung in Deutschland angewendet. Ziel ist es, einen fundierten alternativen Ansatz sowie ein Matching-Scoring-Modell zu formulieren, um die vorherrschende politische Priorisierung von Prozessen des öffentlichen Dienstes zu überwinden.

Der dabei jeweils vorgeschlagene Score wird in vier verschiedenen Fallsettings auf drei administrativen Ebenen mit Hilfe von drei verschiedenen Methoden bewertet. Scoring-Modelle können während des gesamten Untersuchungsabschnitts konsistent verwendet werden.

Die Ergebnisse der Evaluation im Kontext von Usability und Nützlichkeit werden diskutiert und Gemeinsamkeiten und Varianzen beschrieben. Leitlinien, mögliche Anpassungen und zukünftige Forschungsvorschläge bilden den Rahmen für die Arbeit.

Die nächste IRI§ findet im Wien vom 19.-22. Februar 2025 statt. Weitere Informationen sowie der Call for Papers dann unter IRI§ 2025.


Weitere Informationen zur IRI§-Konferenz gerne über die Fachgruppe Digitale Transformationsprozesse.