Neunter IT-Gipfel am 19. Nov. 2015 in Berlin mit über 1.000 Teilnehmern
Der IT Gipfel wächst bei Inhalten, Dauer und Teilnehmern
„Der IT Gipfel müsste eigentlich Digital-Gipfel heißen.“ brachte Sigmar Gabriel die wachsende thematische Breite des IT Gipfels auf den Punkt. Digitalisierung ist nicht nur IT, sondern eine komplexe soziotechnische Transformation auf gesellschaftlicher Ebene. Das zeigen die zahlreichen Themen der Vorträge, Foren und Exponate: So wurden neben dem omnipräsenten Thema Industrie 4.0 zum Beispiel auch Wearables, Smart Home, Kultur- und Kreativwirtschaft und Internationale Zusammenarbeit diskutiert.
Mit einem Programm von zwei vollen Tagen war der IT Gipfel dieses Jahr noch umfänglicher, als bisher. Die Teilnehmer hatten dadurch die Chance, sich über die ebenfalls umfangreicheren Exponate zu informieren und dabei auch interessante Projekte kennenzulernen.
Das Konzept des IT Gipfels selbst ging auf – das zeigten die über 1.000 Teilnehmer. Indirekt bestätigt die gute Resonanz auch die Neuausrichtung des unterjährigen Gipfelprozesses entlang der sieben Handlungsfelder der digitalen Agenda, die seit dem letzten Gipfel durchgeführt wurde.
Gabriel: Bildung soll das Schwerpunkt-Thema des nächsten IT-Gipfels werden
Sigmar Gabriel, dessen Ministerium für Wirtschaft und Energie nach wie vor die Veranstalter-Rolle des IT Gipfels innehat, mahnte zu verstärkten Anstengungen. Man habe zwar wichtige Fortschritte gemacht, dennoch sei Deutschland einer Studie zufolge im internationalen Vergleich der Infrastruktur von Platz 5 auf 6 abgerutscht. Ein wichtiger Erfolgsfaktor sei die Bildung, weswegen man sich entschieden habe, darauf den Schwerpunkt des nächsten IT Gipfels zu legen. Dabei sollen dann auch schon Richtungsaussagen gemacht werden können und Ergebnisse präsentiert werden. Mit und trotz der föderalen Strukturen. Eine klare Ansage in Richtung Gipfelprozess im Vorfeld und natürlich eine möglicher Anknüpfungspunkt für unsere Fachgruppe Kompetenzmanagement. Wie offen der Gipfelprozess letztlich sein wird, gilt es freilich herauszufinden. Dabei gilt: Versuch macht klug! Dieser Ball liegt also bei uns und wir nehmen ihn gerne auf. Wer mitmachen will, kann sich gerne bei mir melden.
Der Gipfel: Die Rede der Bundeskanzlerin
Kein IT-Gipfel ohne Angela Merkel. Auch dieses Jahr ließ sie es sich nicht nehmen, zur Lage der Digitalisierung zu reden. Mit dabei auch viele Ministerinnen und Minister. Durch die zahlreichen anwesenden Kabinettskollegen sei man schon fast beschlussfähig. Dazu kam es dann doch nicht. Dafür gab es eine Rundschau durch diverse Baustellen der digitalen Agenda, unter anderem mit besorgtem Hinweis auf den heutigen Datenschutz, der mit vielen Digitalisierungsansätzen konfligiert. Aber auch viele andere Gestaltungsbedarfe wurden benannt, von der national fragmentierten Mobilfunklandschaft über Breitbandausbau, 5G, Sicherheit, Industrie 4.0 bis hin zu den Rahmenbedingungen für Venture Capital. Mit Spannung wurde auch die obligate Ankündigung erwartet, wo der nächste IT Gipfel stattfinden würde – in Saarbrücken! Zur Überraschung aller wurde auch schon der übernächste IT Gipfel für Rheinlandpfalz angekündigt.
Bitkom regt den Aufbau von „Hubs“ als digitales Ökosystem an
Thorsten Dirks, neuer Präsident des Bitkom und Nachfolger von Prof. Dieter Kempf, verwies zum Erfolg des IT Gipfel auf die Tatsache, dass der IT-Gipfel bereits internationale Nachahmung findet – und zwar in Japan. Er betonte die Bedeutung von digitalen Ökosystemen für die Digitalisierung in Deutschland und forderte die Etablierung mehrerer Hubs, die als ebensolche für die deutschen Leitbranchen fungieren sollen. Dabei sollen Branchengrößen aus Automobil, Logistik, etc. zusammen mit Start-up’s und Forschungseinrichtungen sich wechselseitig ergänzen.
Der Bitkom-Empfang am Vorabend im Kraftwerk mit Günther Öttinger
Mal wieder ließ sich der Bitkom nicht lumpen und lud am Ende des Auftaktprogramms vom 18.11. zum abendlichen Empfang in das alte Kraftwerk Berlin – auch bekannt als Location des Clubs Tresor. Enspannte Atmosphäre und viele Möglichkeiten zum informellen Austausch. Auch Günther Öttinger beehrte den Bitkom-Empfang mit einem kurzen aber eindringlichen Aufruf, doch etwas mehr Europa zu denken und in die Konzepte einzuweben. Zwar gäbe es durchaus auch Gestaltungsfelder, die sinnvollerweise national oder regional gelöst würden, regualtorsiche Rahmenbedingungen der Digitalisierung dagegen auf rein nationaler Ebene und nicht auf europäischer Ebene anzugehen, sei „gaga“.
Alles in Allem gut, richtig und wichtig – aber eigentlich immernoch nicht groß genug
Mit der jährlichen Rundum-Schau auf unterschiedlichste Gestaltungsfelder der Digitalen Agena und auch darüber hinaus leistet der IT Gipfel einen wesentlichen Beitrag zur Beschleunigung, Motivation und Vernetzung von Akteuren. Für mich persönlich waren viele neue und interessante Kontakte und Informationen der größte Nutzen. So unterschiedlich die einzelnen Gestaltungsfelder auch sein mögen – die thematischen Querbezüge implizieren nachdrücklich ein Forum der interdisziplinären Vernetzung. Und getreu dem Mantra des Change Managements, das Top-Management mit einzubinden, muss ein solches Forum zwangsläufig Gipfel-Charakter haben. Außerdem gilt es, die Zeiten zwischen den Events zur inhaltlichen Arbeit zu nutzen und proklamierte Hausaufgaben auch anzugehen. All das leistet der IT Gipfel. Also genau richtig.
Der Ausblick aber wirft die Frage auf, wie der Gipfelprozess auf eine noch breitere Basis gestellt werden kann. Denn wie viele Akteure darin auch beteiligt sein mögen – die meisten Experten in den jeweiligen Fachbereichen sind nicht involviert. Wenn der IT Gipfel also auch die breite Basis mitbewegen will, dann braucht es neue Ansätze das zu realisieren. Grundsätzlich gibt es die auch schon – Stichworte open innovation und crowd sourcing. Bleibt die Herausforderung, diese in den Gipfelprozess zu integrieren. Was ja auch naheliegt, denn letztlich geht es um nichts Geringeres, als den digitalen Paradigmenwechsel in der Anwendung auf sich selbst.